Drei Jahre Bali. Drei Jahre, in denen es fast alles gab. Unzählige Sonnenuntergänge im Paradies, das vertraut werden mit einer fremden Kultur, Herzschmerz, Chaos und jede Menge Surf-Sessions. Ramonas Zeit auf Bali gleicht einer Achterbahnfahrt. Das das für Bali aber nichts außergewöhnliches zu sein scheint, ist eines der Phänomene, das sie uns im Interview über ihre Zeit auf Indonesiens berühmtester Insel erklärt.
Ramonas Leben auf Bali
Hallo liebe Ramona, erzähl uns doch am besten erst einmal wer du bist und was du machst!
Hallo, ich heiße Ramona, bin 38 Jahre jung, Weltenbummlerin, Surferin, Gründerin von Surf Fitness Online und, vor allem, Mama von Zwillingen. Ich habe die letzten drei Jahre auf Bali gelebt, bin derzeit wieder in Deutschland, überlege aber schon wieder, wie und wann ich am besten wieder weg kann.
Wie sah dein Start in den Tag heute morgen aus?
Gerne würde ich jetzt von einer wundervollen Morgenroutine berichten, mit der ich sanft in den Tag gestartet bin, aber seitdem ich Mutter von 1-jährigen Zwillingen bin, ist es mit der Ich-Zeit am Morgen vorbei. Meine Routine besteht aus Flaschen machen, Pampers wechseln, schmusen und spielen. Einen schöneren Start in den Tag, kann ich mir nicht vorstellen.
Was hat dich nach Bali verschlagen?
Es gibt ja eigentlich nur zwei Gründe seinen Wohnort zu verlegen. Entweder der Job oder die Liebe. Bei mir war es gleich zwei Mal Liebe. Zum einen surfe ich leidenschaftlich gern. Seitdem ich das erste Mal auf einer Welle geglitten bin, wurde ich süchtig nach den Wellen, nach dem Meer, nach dem Lifestyle. Irgendwann reichte es einfach nicht mehr ein paar Wochen im Jahr Urlaub zu machen. Ich habe immer wieder mit dem Gedanken gespielt, mein Leben ans Meer zu verlegen, aber die Vernunft hielt mich zurück.
Dann lernte ich mich auf einer meiner Trips nach Bali einen Local kennen. Der nächste Urlaub folgte und ich begann mich zu verlieben. Gemeinsam entstand der Plan für ein Business und ein gemeinsames Leben im Paradies. Das war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und mir den Mut gab, alles in Deutschland hinter mir zu lassen und ein neues Leben auf Bali zu starten.
Wie sahen deine Vorbereitungen aus?
Das reine Chaos beschreibt es am Besten. Innerhalb von 4 Wochen habe ich meine Wohnung und meinen Job gekündigt, meine Möbel verscherbelt, eine Firma gegründet und tränenreiche Abschiede gefeiert. Ich war nur noch in einem Tunnel und hab einen Punkt nach dem anderen auf meiner Liste abgehakt. Heute würde ich vieles anders machen, strukturierter vorgehen, mir mehr Zeit lassen, aber damals war es genau der richtige Weg für mich. Einfach machen, hauptsache los!
Und wie sahen die ersten 24 Stunden vor Ort aus?
Ich wurde vom Flughafen abgeholt. Die erste Nacht habe ich bei Freunden verbracht, gemeinsam sind wir lokal essen gegangen. Zu mehr war ich aber nicht mehr im Stande. Ich war einfach nur platt. Innerlich tobte es in mir – der Stress der letzten Wochen, die ganzen Abschiede, die hoffnungsvolle, aber unbekannte Zukunft, das freudige Wiedersehen, und irgendwie fiel ich dann in einen unruhigen Schlaf. Da mein Freund am nächsten Morgen arbeiten musste, habe ich die Zeit genutzt, um ausgiebig mit meinen Freunden zu plaudern, ein Zimmer und einen Roller zu finden. Nach dem Umzug in das vorläufige Domizil sind wir dann (ENDLICH) zum Strand gefahren, um den Sonnenuntergang zu genießen.
Wie riecht es auf Bali?
Die Luft ist schwer, feucht, salzig und es riecht süßlich, nach den Räucherstäbchen, die an jeder Ecke verbrannt werden. Es ist ein ganz besonderer Duft, den es so, glaub ich, nur auf Bali gibt.
Was waren deine ersten Eindrücke und Erfahrungen?
Bei meinem allerersten Besuch auf Bali 2010 hatte ich erstmal einen Kulturschock. Man stellt sich das ja alles so idyllisch vor, Strand, Palmen, Tempel, so wie auf den Bildern, die man sich vorher angeschaut hat. Beim ersten Schritt aus dem Terminal wurde ich aber zunächst von einer riesen Masse an Taxifahrern empfangen, die alle gleichzeitig auf mich einredeten und mir ihren Fahrdienst zum – natürlich – absoluten Schnäppchenpreis anzubieten hatten. Als ich meinen zuvor bestellten Fahrer dann ausgemacht hatte, ging es in den dicksten Verkehr. Überall war es hektisch, überall laut und überall waren riesige Werbeschilder angebracht. Aus dem Radio dröhnte Gamelan und eine Sprache, die mir damals vollkommen fremd war. Ich kam mir vor wie in einem Ameisenhaufen, nichts schien geordnet zu funktionieren, aber irgendwie ging es doch.
Nach 2 Stunden Fahrt, war ich dann aber doch in meinem Paradies, so wie ich es von den Bildern kannte. Ich hatte eine wunderbare Zeit, aber danach war Bali gedanklich von meiner Reiseliste abgehakt. 2014 hat es mich aber doch wieder hin verschlagen und dann noch mal und dann noch mal. Je öfter ich dorthin flog, desto familiärer wurde es, da ich mit jedem Mal immer mehr Freunde und Bekannte fand und letztenendes war es wie ein nach Hause kommen.
Gab es Überraschungen?
Jede Menge, eigentlich lief so gar nichts nach Plan.
Hat es lange gedauert bis du dich eingelebt hast? Fiel es leicht?
Dadurch, dass ich schon einige Male auf Bali war und schon einen Freundeskreis dort hatte, war es für mich sehr leicht, mich einzuleben. Trotzdem hat es ein paar Wochen gedauert, ehe ich dieses Gefühl von Urlaub los geworden bin und realisiert habe: “hey, das ist jetzt mein alltägliches Leben. Mein Leben auf Bali.”
Wie würdest du die Indonesier beschreiben? Konntest du dich integrieren? Oder hast du mehr Zeit mit anderen Internationals verbracht?
Ich habe mich sehr viel mit Locals umgeben und Internationals, die das genau so machten. Die Expatszene war mir immer etwas suspekt, weil ich der Meinung bin, dass man in und mit der Kultur des Landes leben sollte, in dem man ist und nicht seine eigene exzessiv durchsetzen und ausleben sollte. Was ich besonders an Indonesien mag, sind die freundlichen Gesichter, die man immer und überall sieht. Und es ist eine echte Freundlichkeit, nicht so wie in Thailand, wo vieles einfach aufgesetzt ist. Indonesier nehmen dich schnell und gerne mit in ihr Leben und geben dir einen Raum darin. Die Familie und Freunde sind für sie sehr, sehr wichtig. Man sorgt füreinander, lacht miteinander, isst miteinander und manchmal, jedoch selten, leidet man miteinander. Hat zum Beispiel einer von ihnen gerade keinen Job, sprich auch kein Geld, ist es für alle anderen selbstverständlich so lange mitzubezahlen, bis wieder Einkommen da ist. Ohne wenn und aber. Wenn man auch noch ein paar Brocken indonesisch spricht, kommt man wunderbar zurecht, bis zu einem gewissen Punkt.
Zwar sind die Indonesier außerordentlich hilfsbereit, aber leider absolut nicht hilfreich, wenn man mal wirklich ein Problem hat. Mir als Deutsche fehlte hier oft die Effizienz und das Lösungsorientierte. Zum Beispiel hatte ich einmal meine Kreditkarte verloren, also habe ich mir selbst über Western Union Geld geschickt. Ich musste ungelogen 10 Filialen anfahren, um dann die Transaktion abzubrechen. Die Ausreden reichten von Computerfehler, über jetzt gerade kein Internet bis hin zu der zuständige Mitarbeiter ist gerade nicht da. Dann habe ich das Geld an einen Localfreund gesendet. Der es dann in der ersten Filiale problemlos erhalten hat. Und so freundlich und offen sie auch sind, man bleibt immer der Bule (indonesisch für Ausländer) mit der hellen Haut und dem vielen Geld.
Welche Teile der Insel würdest du zum Wohnen empfehlen und warum?
Das ist sehr schwierig zu beantworten, denn es hängt stark davon ab, was man möchte. Grundsätzlich gilt, wer Trubel mag und auf eine gute Infrastruktur wert legt, ist im Süden gut aufgehoben – Canggu, Kuta, Seminyak, Sanur, Nusa Dua und Ubud, in der Mitte Balis, sind die Orte mit den meisten Expats und den meisten westlichen Bequemlichkeiten. Je nördlicher man geht, desto ursprünglicher wird es. Aber Bali ist ständig im Wandel und wird bebaut ohne Ende. Canggu, zum Beispiel, hat sich meiner Meinung nach sehr zum Nachteil gewandelt. Bei meinem ersten Besuch war es ein kaum besiedeltes Fischerdörfchen, heute ist es DER Hotspot und hektisch, wie einst Kuta. Kuta, der australische Ballermann, wirkt heute hingegen teilweise wie leergefegt, weil alles weiter die Küste heraufwandert.
Auch wenn diese Frage natürlich sehr individuell zu beantworten ist: Was ist das durchschnittliche Budget pro Monat? Was würdest du als Minimum empfehlen?
Man kann auf Bali sehr, sehr günstig leben, wenn man bereit ist, es den Locals gleich zutun. Das bedeutet allerdings auch, die Ansprüche extrem runterzuschrauben. Mein erstes möbliertes “Appartement” hat gerade mal 140 Euro im Monat gekostet. Es geht sogar noch günstiger, aber hier muss man dann auf ein Bett und eine normale Toilette verzichten. Je mehr man an seinen westlichen Standards festhalten will, desto teurer wird es und nach oben gibt es keine Grenzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man mit 1000 Euro im Monat ein gutes Mittelmaß zwischen Local-Life und Western-Ansprüchen realisieren kann.
Was war dein schönster Moment auf Bali?
Es gab so viele, dass ich den schönsten gar nicht ausmachen kann und will. Aber es waren vor allem die Momente im Kreise von netten Leuten, die man gemeinsam genossen hat, wie wunderschöne Sonnenuntergänge, einen gute Surfsession oder in einem Cafe sitzen und aufs Meer oder aufs Reisfeld zu schauen.
Und der Schlechteste?
Als mir mein Ex-Freund das Herz gebrochen hat.
Könntest du dir vorstellen zurückzugehen oder für immer dort zu leben?
Ich habe ja schon Eingangs erwähnt, dass ich derzeit wieder in Deutschland bin. Eigentlich wollte ich gar nicht solange hier bleiben, aber äußere Umstände haben mich dazu bewogen. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, wieder auf Bali bzw. in Indonesien zu leben, aber nur, mit einer Base in Deutschland, zu der ich immer, wenn ich will, zurückkehren kann.
Hast du Insidertipps für uns?
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Bleibe nicht an einem Ort! Reise herum!
Es gibt viele Orte, da bleibst du schnell einfach kleben. Bali hat viele Facetten, reise rum und sammle Eindrücke.
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Einmal Nyepi erleben!
Nyepi ist der Tag der Stille, das balinesische Neujahr. Am Tag zuvor werden in vielen bunten Paraden die Geister von der Insel vertrieben. Damit die Geister denken, dass die Insel unbewohnt ist und nicht zurückkehren, steht die einen Tag lang Insel still. Niemand darf das Haus verlassen, das Licht muss ausbleiben, die TV-Sender senden nicht und sogar der Flugverkehr wird für diesen besonderen Tag eingestellt. Letztes Jahr wurde sogar stellenweise das Internet abgestellt. Ich habe noch nie so eine friedliche und ruhige Atmosphäre erlebt und der Blick nachts in den Sternenhimmel ist unbeschreiblich.
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Mit Locals anfreunden!
Man kann die ganze Zeit in einer Blase verbringen. Ähnlich wie bei einem Cluburlaub, in dem du das Hotelgelände die ganze Zeit nicht verlässt und die einzigen Locals, mit denen du in Kontakt bist, die Angestellten sind. Mit dem wirklichen, echten Leben vor Ort hat das nichts zu tun. Komm mit Locals in Kontakt und verbringe Zeit mit ihnen. Nur so lernst du das Land und die Kultur wirklich kennen.
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Für konkrete Tipps darfst du mich gerne anschreiben: ramona@surf-fitness-online.de
Was würdest du jemandem sagen, der darüber nachdenkt ebenfalls für längere Zeit nach Bali zu gehen?
Mach es einfach! Ich habe meine Entscheidung nie bereut, auch wenn ziemlich viel schief gelaufen ist. Im Gegenteil, wäre ich nicht gegangen, hätte mich die Frage, was wäre wenn, in den Wahnsinn getrieben. Öffne dich und hab Vertrauen! Alles auf Bali ist sehr, sehr intensiv – es gibt kein Mittelmaß, entweder ist man auf dem höchsten Hoch oder im tiefsten Tief. Aber du kannst darauf vertrauen, dass Bali jedem das zeigt, was er sehen soll und jedem das gibt, was er gerade braucht.
Und zu guter Letzt: Wenn du Bali in 3 Wörtern beschreiben müsstest, welche wären es?
Magisch, intensiv und (leider) überlaufen