Eine alte dampfende Eisenbahn, kubanische Musik, durchgesessene aber dennoch gemütliche Ledersitze und dabei, interessante und bereichernde Gespräche führend, durch die Weiten kubanischer unberührter Natur… So oder so ähnlich stellte ich mir die Zugfahrt auf der Karibikinsel vor. Welche Hershey Train Erfahrung ich aber tatsächlich gemacht habe und ob meine Erwartungen erfüllt wurden? Dazu mehr im folgenden Artikel..
Ticketkauf in Matanzas
Recht unkompliziert war es die Station in Matanzas ausfindig zu machen. Wider Erwarten war diese zwar ziemlich klein und sagen wir arg kahl eingerichtet, aber dennoch erfüllte sie ihren Zweck. Eine kleine Wartehalle und ein Bahnsteig, wie man ihn in einem Dorf in den Tiefen deutscher Provinzen vermuten würde.
Wir waren nach typisch deutscher Manier etwas zu früh, kauften uns für 2,80 CUC unsere Tickets für den nächsten Hershey Train von Matanzas nach Havanna und ließen uns irgendwo im Wartebereich der Station nieder. Laut Fahrplan soll die Strecke drei Mal täglich zurückgelegt werden. Zahlreiche Kubaner legten uns allerdings nahe, uns im Voraus genauer zu erkundigen, da die Pläne meist nicht eingehalten würden.
Mit der Zeit füllte sich der Bereich zunehmend mit Einheimischen und einigen wenigen Touristen. Auch wir waren jetzt bereit für das Erlebnis Zugfahren auf Kuba. Schließlich ist Kuba die einzige Karibikinsel mit einer Zugverbindung. Das wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Die Zugfahrt von Matanzas nach Havanna
Auch wenn ich das Eintreffen des Zuges irgendwie verpasst hatte, wusste ich dennoch durch die allgemeine Unruhe, die entstanden war, schnell, dass es Zeit war einzusteigen. Kurz darauf rannten die anderen Fahrgäste regelrecht los, um sich ihren Platz in dem Wagon zu sichern. Auch ich fühlte mich davon etwas unter Druck gesetzt und hetzte mit meiner Begleitung Richtung Zug.
Der Anblick des Hershey Train war schon etwas enttäuschend. Ich hatte mir das Ganze irgendwie imposanter und nostalgischer vorgestellt. Letztendlich war es nur ein einzelner Wagon. Dieser hatte auch nicht viel historisches an sich, sondern erinnerte eher an einen alten DB-Wagon, der 10 Jahre zu spät ausrangiert wurde. Trotzdem war ich gespannt auf das Innere und stieg über die Stufen hinein. Viel weiter als in den Türbereich kamen meine Begleitung und ich auch leider gar nicht, da der Zug mittlerweile so voll war, dass sich die Türen nicht einmal mehr schlossen.
Als wir dann kurze Zeit später endlich losfuhren war meine Begleitung damit beschäftigt, daraus zu achten, nicht aus der nach wie vor offen stehenden Tür zu stürzen und ebenso unser Gepäck davor zu bewahren, während ich versuchte meine Atmung so zu kontrollieren, dass ich nicht allzu viel der penetrant riechenden und stickigen Luft inhalierte.
Meine Laune war definitiv auf dem Nullpunkt angekommen, als ein Mitarbeiter des Zugs zu uns trat, um unsere Tickets zu kontrollieren. Zu meiner Erleichterung wies er uns darauf hin, dass wir Sitzplätze gebucht hatten und nicht stehen müssten. Er führte uns an das andere Ende des Zuges zu unseren Plätzen. Dabei hatte ich die Möglichkeit das Innere des Wagons etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Die erwarteten Ledersitze entpuppten sich als wenig komfortable Plastikstühle, eine Frauengruppe transportierte einige tote, bereits müffelnde Tierleichen mit sich und der Rest der Passagiere schien sich entweder in einer Art Trancezustand zu befinden und die Fahrt über sich ergehen zu lassen oder sich angeregt zu unterhalten. Was aber wahnsinnig freundlich war, dass alle Fahrgäste dabei halfen, unser Gepäck über ihren Köpfen von einen zum anderen Ende des Zuges zu befördern.
Bei unseren Plätzen angekommen mussten wir leider feststellen, dass diese von einer Gruppe kubanischer, jugendlicher Boxer mit freiem Oberkörper besetzt waren. Der Ticketkontrolleur war auch verschwunden, weshalb mir nichts anderes übrig blieb, als die Gruppe selbst auf ihre falsche Platzwahl hinzuweisen. Ich lächelte freundlich, deutete auf das Ticket in meiner Hand und zeigte es dem Größten der Gruppe. Der junge Kubaner mit auffälliger Narbe in Form eines Kreuzes auf der Brust und einem Goldzahn verstand recht schnell, was ich meinte, woraufhin uns die Gruppe etwas widerwillig Platz machte. Wir versorgten sie noch mit einer unserer Wasserflaschen und tauschten die restliche Zugfahrt nur noch einige Blicke und verlegenes Lächeln mit ihnen aus. Das Angebot uns die angebrochene Flasche, aus der die gesamte Gruppe getrunken hatte, zurückzugeben, lehnten wir dankend ab.
Mein Sitzplatz war unbequem und hart und die Scheibe neben meinem Kopf bereits gesplittert. Vor meinem inneren Auge lief schon der Film ab, in dem ich mit Schnittverletzungen im Gesicht in einem kubanischen Krankenhaus behandelt wurde. Trotzdem gab ich mir alle Mühe, die vorbei rauschenden Gegenden etwas auf mich wirken zu lassen und die Anspannung ein wenig abfallen zu lassen.
Wir tuckerten vorbei an Wäldern, Feldern, durch Hügellandschaften, vorbei an kleinen Hütten und Häusergruppen, einigen Weiden mit Vieh und trafen letztendlich nach 4 Stunden Fahrt ohne weiterer besonderer Vorkommnisse in Havanna ein. Später erzählten uns Mitreisende, dass es keine Seltenheit ist, dass der Zug unterwegs hält, gewechselt oder repariert werden müsse und sich die Fahrt deshalb oftmals um Stunden verzögere. Dementsprechend groß war meine Erleichterung, als wir langsamer wurden und sich Aufbruchsstimmung breit machte und sich die Hershey Train Erfahrung ihrem Ende neigte.
Ankunft in Havanna
Wir waren ähnlich verwundert über die Größe des Bahnhofs in Havanna wie bereits in Matanzas. Auch hier war es ähnlich unspektakulär und eher schmucklos ausgestattet. Aber: Unser Gepäck war da, wir waren unbeschadet angekommen und atmeten dementsprechend auf.
Die Fähre brachte uns wenig später für 2 CUC auf die andere Seite der Bucht in Havanna und vom Fährhafen auf der anderen Seite aus machten wir uns auf den Weg zu unserer Casa Particular für diese Nacht.
Mein Fazit zum Hershey Train
Auch wenn die Fahrt mit dem Hershey Train von Matanzas nach Havanna alles andere als entspannt war, bereue ich sie nicht. Ich war zwar völlig geschafft von diesem Tagestrip, aber mittlerweile kann ich über die Erlebnisse lachen und erzähle gern von unserer Fahrt mit dem einzigen Personenzug der Karibik. Die Option das kubanische Leben so hautnah und authentisch zu erleben, würde ich jedem Kubabesucher wärmstens ans Herz legen.
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