Wer bist du und was machst du?
Ich bin Elisa und studiere Germanistik und Kunstgeschichte.
Erzähle uns kurz von dem Land/der Stadt in der du gelebt hast!
Ich habe fünf Monate Erasmus in der Studentenstadt Urbino in Italien gemacht. Das ist eine kleine Stadt in den Bergen der Region Marken in der Nähe der italienischen Adriaküste. Städte, die in der Nähe liegen sind Perugia und Rimini. Sonst ist Urbino eher von kleineren Bergstädtchen umgeben, die man mit dem Bus erreicht.
Warum hast du dir genau dieses Land/diese Stadt ausgesucht?
Zuerst stand für mich fest, dass ich nach Rom gehen will, als mir in Italien die Städte Urbino und Rom zur Auswahl standen. Urbino war mir nicht bekannt und als ich es gegoogelt habe, habe ich festgestellt, dass es eine kleine Stadt mit nur 15.000 Einwohnern ist. Das hörte sich für mich erstmal ziemlich langweilig an. Aber dann habe ich noch mal genauer recherchiert und gesehen, dass es in Urbino ungefähr noch einmal so viele Studenten wie Einwohner gibt und, dass es eine ganz alte Stadt ist, die noch komplett aus dem Mittelalter mit Stadtmauer erhalten ist, die Unigebäude deshalb Palazzi sind und die Seminarräume wie in Hogwarts mit Kaminen und Deckengemälden versehen sind. Außerdem gehört die Altstadt deshalb komplett zum UNESCO Weltkulturerbe und der berühmte Maler Raffaelo Sanzio ist dort geboren. Das hat mich natürlich begeistert und ich habe mich im Endeffekt dafür entschieden.
Wie waren deine ersten Eindrücke und Erfahrungen? Gab es Überraschungen?
Meine Ankunft war etwas chaotisch, da die Dame an der Wohnheimrezeption mein Ankunftsdatum falsch eingetragen hatte und deshalb kein Zimmer für mich reserviert hatte. Außerdem konnte ich sehr schlecht Italienisch und dann kommt man nur mit Zeichensprache weiter. Ich hatte aber direkt Leute um mich, die super hilfsbereit waren und die Dame hat mir dann auch einfach ein Zimmer gegeben. Leider war das im Wohnheim, das aus ,,drei Armen’’ bestand und am Berghang hinab gebaut war, der unterste Block (800). Man musste also ziemlich viele Treppen nach unten steigen. Nach einem Monat habe ich das Zimmer dann aber gewechselt und bin in einen Block mit insgesamt 16 Italienerinnen gekommen. (Mädchen und Jungen hatten immer abwechselnd einen Block für sich) Der lag dann Gott sei Dank auch höher (im Stockwerk 300, also der dritte Block von oben).
Dass in Urbino die Studenten viel präsenter sind als andere Einwohner oder ältere Einwohner habe ich schnell gemerkt. Die einzigen ,Erwachsenen’, die es dort gibt arbeiten entweder in der Uni, im Wohnheim oder den kleinen Lädchen in den alten Gassen Urbinos. Der Rest wohnt außerhalb und auf den Ländereien drum herum.
Trotzdem war ich auf den ersten Blick verliebt in die kleine Stadt und unglaublich begeistert von dem für die Renaissance typischen italienischen Charme.
Hat es lange gedauert bis du dich eingelebt hast? Fiel es leicht, sich zu integrieren?
Schon am ersten Tag habe ich italienische Studenten und Erasmusstudenten kennengelernt. Vorher hatte ich sogar schon mit einigen über Facebook Kontakt. Nach einiger Zeit und ein paar Mal ausgehen kannte man schon viele Leute und nach 1-2 Monaten konnte man auf der Straße fast jeden grüßen. Durch meinen neuen Wohnheimplatz hatte ich eine kleine italienische Familie gefunden, mit der ich fast jeden Tag zu Mittag und zu Abend gegessen habe und deshalb auch gequatscht habe. So habe ich Italienisch gelernt. Es ging also sehr schnell und war deshalb auch besonders schön. Ich habe mich dort zu Hause gefühlt und enge Freundschaften geschlossen.
Wie sind die Menschen dort?
Die Menschen dort sind ziemlich entspannt und offen. Leider wurde mir einmal auch mein gesamtes Portemonnaie und mein Handy gestohlen, sodass ich deshalb zur Botschaft in Rom fahren musste und mein ganzes Erasmus über nur ein altes Nokia hatte, ohne WhatsApp. Im Endeffekt war das aber ganz cool. Die Polizei konnte mir trotz einer Anzeige, die ich in meinem gebrochenen Anfangsitalienisch erstattet habe auch leider nicht weiterhelfen. Ich hatte aber immer Leute an meiner Seite, die mir bei allem behilflich waren. Da all meine Prüfungen und Kurse auf Italienisch waren, hat eine Mitbewohnerin mir sehr beim Lernen geholfen. Ich habe selber auch Deutsch Nachhilfe gegeben. Da es viele Studenten gibt, gibt es außerdem natürlich auch sehr viele Partys. Im Großen und Ganzen sind die Einwohner so entspannt wie das gemütliche Städtchen, in dem sie wohnen.
Hast du irgendwas gemacht, was du dir nie erträumt hättest?
Ich habe meine mündlichen Prüfungen auf Italienisch gemeistert und identitäts- und handylos die Zeit überstanden.
Außerdem habe ich mit eigenen Händen einen Spinnenläufer aus meinem Zimmer entfernt. Das ist das ekeligste Insekt, das man sich vorstellen kann.
Was war der schönste Moment?
Es gab sehr viele schöne Momente. Einer war sicherlich meine Geburtstagsparty, die wir auf der Dachterrasse unseres Blocks gefeiert haben. Eigentlich kann man sagen, dass das schönste an einem Auslandsaufenthalt ist, was man daraus mitnimmt und wie sehr man daran wächst.
Und der Schlechteste?
Als mir alles geklaut wurde.
Welche Städte/Stadtteile sind lebenswert und warum?
Urbino ist super fürs Studium oder wenn man (Wein-)Bauer werden möchte oder einfach italienisches Dorfleben haben möchte. Deshalb war es für das Erasmus Studium sehr schön. Ansonsten finde ich ist Rom eine super schöne Stadt, vor allem wenn man sich für Geschichte und Kunst interessiert. Bologna finde ich auch sehr schön. Alle Häuser haben rote Dächer und die Stadt besteht quasi aus Arkadengängen. Generell ist der Norden und der Süden von Italien sehr gespalten. Im Norden ist etwas kühler und nordeuropäischer. Im Süden gibt es wunderschöne Strände und es ist um einiges wärmer. Dafür finden die Menschen dort kaum Arbeit und ziehen deshalb dort weg. Im Süden würde ich deshalb eher gerne Urlaub machen, z.B. auf Sizilien oder Sardinien.
Was ist das durchschnittliche Budget pro Monat um dort zu leben?
Es kommt drauf an, wie und wo man lebt. Für mein Wohnheimzimmer musste ich 250€ monatlich zahlen. Ich bin oft ausgegangen und habe viel viel gutes Gelato genossen, Pizza, Cornetto (=Croissant), Kaffee, Aperitivo usw. Ich habe aber auch viel in meiner WG gekocht. Doch auch die Supermärkte und Drogerieprodukte sind dort etwas teurer. Außerdem bin ich noch relativ viel gereist. Insgesamt habe ich durchschnittlich bestimmt 550€ im Monat ausgegeben. Wenn man allerdings z.B. in Rom leben würde, sind die Mietpreise eher so hoch, wie die teuersten deutschen Städte. Und auch die Unterhalts- und Verpflegungskosten sind um einiges höher.
Könntest du dir vorstellen zurückzugehen oder dort zu leben?
Da meine Schwerpunkte in Kunstgeschichte die italienische Renaissance- und Barockkunst sowie moderne und zeitgenössische Kunst sind, kann ich mir gut vorstellen in Italien zu arbeiten, aber genauso auch in Deutschland. In Italien eröffnet sich für Kunstliebhaber wirklich eine neue Welt. Deshalb würde es schon schön sein für eine Zeit dort zu reisen oder zu arbeiten. Dass ich irgendwann nochmal nach Italien ziehe, ist bis jetzt aber nicht geplant.
Welches ist dein schönstes Souvenir?
Ein Lederarmband, dass unsere WG sich gemeinsam hat machen lassen. Wir haben darin unsere Blocknummer signieren lassen.
Insider-Tipps:
Zum Wandern und entspannen auf jeden Fall mal die Region Marken ausprobieren. Es gibt sehr viel Land und Berge und schöne Naturparks. So wie eine kleine, nicht so touristische Toskana.
Trotzdem kann ich die Toskana zum Reisen auch nur empfehlen. Vielleicht mal einen Stopp auf einem Weingut machen und dort übernachten.
Im Norden Italiens kann man gut Familien- und Wanderurlaub in den Bergen, am See und auf dem Land machen.
Im Süden kann man schöne alte Städte bewundern und an Traumstränden entspannen.
Italien bietet generell sehr viel und für jeden Geschmack gibt es passende Orte.
Vielen Dank Elisa!!